Studentin sitzt in der Bibilothek und liest

Richtig Studieren: Wie geht das?

Eine Gebrauchsanleitung zum „richtigen Studieren“.

„Richtig Studieren“! Wie geht das überhaupt? Keine Partys und keine Freizeit mehr? Nur noch ein Leben am Schreibtisch mit der Nase tief in den Büchern? Irgendwie scheinen es andere Kommiliton*innen doch zu schaffen – aber wie? Dafür habe ich mich mit Reiner Laue und Ina Skalbergs von der Lernberatung der Zentralen Studienberatung der Uni Stuttgart unterhalten. Und siehe da, plötzlich scheint das Mysterium „Richtig Studieren“ gar nicht mehr so ungreifbar und kompliziert, nein: es ist sogar total einfach!

Das Grundproblem – Von der Schule an die Uni

Eigentlich sollten wir doch nach 12 oder 13 Jahren Schulzeit richtige Lern-Profis sein, aber leider ist das oft nicht der Fall. In der Uni läuft das Lernen doch ganz anders, der ein oder andere Überflieger aus der Schulzeit fällt auf die Nase und die Vorlesungen machen ihrem Namen alle Ehre: Es wird vorgelesen. Kein Wunder, dass wir Studis da manchmal nicht mehr wissen, wo oben und unten ist und das Lernen dann bis kurz vor die Prüfung aufschieben. Aber woran liegt das eigentlich?

Reiner Laue hat mir eine Antwort auf diese Frage gegeben: Während unserer Schulzeit wurden wir schön von unseren Lehrerinnen und Lehrern an die Hand genommen und geführt. In der Schulstunde wurde uns etwas Neues erklärt, das haben wir durch die Hausaufgaben wiederholt und am nächsten Tag wurde das ganze bei der Kontrolle der Hausaufgaben ein zweites Mal wiederholt. Da war es eher schwierig, den Lernstoff direkt wieder zu vergessen. In der Uni sieht das anders aus. Der Druck, etwas zu wiederholen und sich nach der Vorlesung nochmal anzuschauen (oder überhaupt die Vorlesung zu besuchen…), fällt hier plötzlich weg. Wir sind auf uns selbst gestellt und bekommen neben der Aufgabe des Studierens auch noch den Job des eigenen Lernorganisators zugewiesen. Wie genau sollen wir das jetzt aber anstellen? Wenn ich an den Beginn meines Studiums zurückdenke, erinnere ich mich an Einführungsveranstaltungen, in denen uns Ratgeber empfohlen und schlaue Tipps gegeben wurden. Den Ratgeber habe ich gekauft, aber ich muss gestehen, dass ich ihn nach einem kurzen Blick ins Buch wieder zur Seite gelegt habe. So wirklich schlauer wurde ich dadurch nämlich nicht.

Junge Leute tanzen auf einer Party
Bib statt Party?

Ich gebe jetzt dennoch mein Bestes, um euch den ein oder anderen Rat zu geben. Ich bin mittlerweile im Master, bringe also schon etwas Studi-Erfahrung mit und ich habe natürlich noch die guten Tipps von der Lernberatung dabei. Los geht’s!

Lernberatung Uni Stuttgart

Gebrauchsanleitung – Wie studiere ich richtig?

Regel Nummer 1: Sichere dir kleine Erfolge

Die erste goldene Regel ist einfach! Wir arbeiten nur dann gerne, wenn wir erfolgreich sind. Mach dich also auf die Suche nach kleinen Erfolgen während des Lernens. Was hat heute gut geklappt? Behalte die kleinen Dinge im Auge und konzentrier dich nicht nur auf die eine große Prüfung am Semesterende, so kannst du dich jeden Tag ein kleines bisschen belohnen. Auf der Suche nach Erfolgen schauen wir also am besten auf uns selbst, und unsere Konzentrationsleistung bildet damit eine ganz wichtige Basis.

Es ist unmöglich drei Stunden am Stück hochkonzentriert zu lernen. Nimm dir lieber kürzere Arbeitsphasen vor, die du auch wirklich erfolgreich meistern kannst, und belohne dich danach mit einer Pause. Herr Laue erklärt mir, dass die optimale Arbeitsphase maximal 45 Minuten beträgt. Danach haben wir uns schon eine Pause verdient! Die optimale Erholung fürs Gehirn gelingt hierbei mit einem Raumwechsel oder der Arbeit mit den Händen (Mama freut sich bestimmt, wenn man ihr heute freiwillig beim Wäsche aufhängen hilft). Danach sind wir wieder bereit für die nächste Arbeitsphase von 45 Minuten und einer anschließenden kurzen Pause usw. Ob die Pause fünf oder zehn Minuten lang ist…ganz egal! Hauptsache die Qualität stimmt.

Und auch hier gilt, kleine Erfolge motivieren uns zum Weitermachen. Übernimm dich also nicht während deiner Arbeitszeit, halte die 45 Minuten Regel ein, so können Energielöcher vermieden werden und die Arbeit geht viel einfacher von der Hand. Das Ganze können wir für circa sechs Stunden pro Tag so verfolgen und dann haben wir uns einen entspannten Feierabend verdient. Dazu gehört übrigens auch, dass wir mindestens einen freien Tag am Wochenende haben.

Blick in die Universitätsbibliothek
Regelmäßig Lernpausen einhalten

Regel Nummer 2: Erreichbare Lernziele

Lernziele ermöglichen es nicht nur, dass wir ihr Erreichen feiern können, nein, sie geben unserem Lernen auch Struktur. Frage dich, was du in jeder Arbeitsphase erreichen möchtest und schraube deine Erwartungen nicht zu hoch. Lieber setzt du in der zweiten Arbeitsphase noch ein Stückchen mehr drauf und gehst erfolgreich aus der ersten. Das wohl erste und einfachste Ziel ist der Gang in die Vorlesung. Aber der Gang dorthin reicht noch nicht aus.

Ziel Nummer zwei muss es sein, während der Vorlesung mitzudenken und direkt zu reflektieren, welche Teile des Lernstoffes prüfungsrelevant sind und welche nicht. Im dritten Schritt schaust du dir die Inhalte nach der Vorlesung nochmal an oder denkst während des Wartens auf die Bahn nochmal darüber nach. Und ehe du dich umschauen kannst, hast du den Lernstoff schon ein erstes Mal wiederholt – das ist ja fast, wie Hausaufgaben machen während der Schulzeit!

Regel Nummer 3: Bleibe jetzt auf dem Laufenden!

Du hast jetzt so eine gute Grundlage, verschenke diese nicht! Schau dir zum Beispiel vor dem nächsten Vorlesungstermin nochmal an, was letztes Mal gemacht wurde oder tausche dich mit Kommilitonen*innen aus. So bleibt der viele Input besser im Gedächtnis und der „Lernberg“ vor der Prüfung wird stetig kleiner und der Stress während der Prüfungsphase schrumpft dadurch ebenfalls ganz automatisch.

Während meines Gesprächs mit der Zentralen Studienberatung habe ich außerdem gelernt, dass man das Lernen in drei große Phasen unterteilen kann. Im ersten Schritt geht es darum, ein Verständnis für den Lernstoff aufzubauen. Hierzu gehört das aufmerksame Zuhören in der Vorlesung oder das Durcharbeiten des Skripts. Das alles ergibt aber nur dann Sinn, wenn ich das Gelesene oder Gehörte auch verstehe. Hier ist es auch nicht verboten mal nach links und rechts zu schauen. Was kann ich zu diesem Thema in anderen Quellen finden? Vielleicht ist das woanders ja viel verständlicher aufbereitet und plötzlich sieht die Welt gar nicht mehr so kompliziert aus. Im zweiten Schritt geht es darum, das neu Gelernte im Kopf zu behalten. Hier spielt das ständige Wiederholen eine Rolle. Beim Warten auf die Bahn, unter der Dusche, vor dem Einschlafen… Und der letzte und dritte Schritt ist das Vertiefen des Verständnisses und schließlich die Anwendung des neuen Wissens in der Prüfung. Scheue hier nicht davor, die Prüfung zu simulieren und dir eigene Prüfungsfragen auszudenken.

Du wirst sehen, dein Prof erfindet sich hier auch nichts komplett Neues und wenn du Glück hast, klingen deine eigenen Übungsfragen ganz ähnlich wie die eigentliche Klausur. Du neigst dazu in diesem Schritt Panik zu bekommen? Schau gerne mal bei meinem Artikel „Prüfungsangst – Und was jetzt?“ vorbei. Dort gebe ich den ein oder anderen Tipp, wie man auch während der Prüfungsphase ruhig durchatmen kann.

'Richtig Studieren' ist Wissen, wie man richtig lernt und wie wir uns selbst organisieren.

Was bedeutet also „Richtig Studieren“? „Richtig Studieren“ ist Wissen, wie man richtig lernt und wie wir uns selbst organisieren. Kürzere, aber produktive Arbeitsphasen, Lernziele und Erfolge. Und eines dürfen wir nicht vergessen, wenn wir gut organisiert sind, haben wir uns eine Pause, ein freies Wochenende oder die nächste Party verdient – und das ganz ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen!

Meine Tipps erscheinen dir sinnvoll, aber du bist dir noch unsicher, wie genau du sie auf deine persönliche Situation anwenden sollst? Melde dich gerne per E-Mail bei der Lernberatung.

Vanessa

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Alle Eingabefelder, die mit einem Stern (*) versehen sind, sind Pflichtfelder.


Zum Seitenanfang