Jonas Hirner im Porträt

Tagsüber Student, nachts Autor

Jonas Hirner, Germanistik- und Philosophie-Student der Universität Stuttgart schreibt neben seinem Studium begeistert an Theaterstücken. Eines seiner Stücke „Käfertage“ wurde im November 2022 im Dreigroschentheater Stuttgart uraufgeführt.

 Um mehr über Jonas und sein Interesse am Theater herauszufinden, treffe ich mich mit ihm auf einen Kaffee und Bananenbrot. Während wir genüsslich an unseren Heißgetränk nippen, erzählt mir Jonas, wie er das Schreiben für sich entdeckt hat, was ihn inspiriert und wo er sich in fünf Jahren sieht.

Ich beginne das Gespräch mit der Frage „Was hat dich denn dazu bewogen, mit dem Schreiben anzufangen?“ und Jonas beginnt zu erzählen. Durch eine SQ zum Thema „szenisches Schreiben“, die von dem Dozent Toni Bernhart an der Universität Stuttgart gehalten wird, ist er erstmals tiefergehend mit dem Schreiben fürs Theater in Berührung gekommen. Auch davor war bei ihm bereits ein Impuls, der Wunsch da, das Schreiben mal auszuprobieren. Allerdings wusste er zu dem Zeitpunkt nicht genau wie, was und in welcher Form. An seinem ersten Theaterstück hat Jonas ungefähr sieben Monate gefeilt, sein letztes Stück „Käfertage“ - uraufgeführt im Dreigroschentheater Stuttgart -  wurde innerhalb einer Woche von ihm zu Papier gebracht. Insgesamt hat Jonas drei längere Theaterstücke und einige kleinere Szenen geschrieben.

Große Vorbilder

Je nach Lust, Laune und Muße schreibt Jonas an manchen Tagen mehr und manchmal weniger. Steckt er gerade mitten im Prozess, ein neues Theaterstück zu verwirklichen, kann es vorkommen, dass er jeden Tag zwei bis drei Stunden damit verbringt, die Charaktere seines Theaterstückes weiterzuentwickeln oder an Dialogen zu feilen. Mit dem Studium lässt sich die Tätigkeit als Autor trotzdem ohne Probleme vereinbaren, da Jonas frei entscheidet, wann er wie viel Zeit ins Ausarbeiten seiner Stücke investiert.

Auf die Frage nach seiner Inspirationsquelle antwortet mir Jonas, dass er sich gerne „etwas Großes, Bekanntes zum Vorbild nimmt“. Wenn man mit solch einem Anhaltspunkt startet und beginnt zu schreiben, „dann entsteht eigentlich zwangsläufig immer auch etwas Eigenes daraus“. Die Idee zu seinem ersten Stück kam ihm durch Überlegungen, wie die Geschichte von „Romeo und Julia“ ins Moderne übertragen werden könnte. Im Vorfeld von „Käfertage“ hat sich Jonas mit dem Roman „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ auseinandergesetzt, eine für ihn „beeindruckende, aber traurige und trotzdem faszinierende Geschichte“, die sich so bei ihm festgesetzt hat, dass er in „Käfertage“ von drei Jugendlichen erzählt, die ebenfalls mit Drogen und Obdachlosigkeit zu kämpfen haben. Um auf Ideen für neue Charaktere zu kommen, lässt sich Jonas auch gerne durch Mitmenschen oder sein Umfeld beeinflussen.

Szene aus dem Theaterstück "Käfertage"
Szene aus dem Theaterstück "Käfertage"

Für Jonas steht das Schreiben fürs Theater im Vordergrund. Auch wenn er sich bereits an Kurzgeschichten und Gedichten probiert hat, mag er doch die Konzentration auf Dialoge und die Freiheit, Zwischenräume nicht mit Beschreibungen ausfüllen zu müssen, zu gerne.
Ihm gefällt „der Gedanke, dass man etwas schreibt und dann führen das Leute auf der Bühne für Publikum auf“ und die „Gleichzeitigkeit, mit der alles passiert“. Da Jonas Germanistik im Hauptfach studiert, frage ich ihn, ob das im Studium angesammelte Wissen über Literaturtheorie beim Schreiben weiterhilft. Für Jonas ist dieses Hintergrundwissen und die gelernte Theorie „nice to have“, allerdings helfen sie ihm nicht primär beim Verfassen von Theaterstücken. Da ein Germanistikstudent tagtäglich mit unterschiedlichsten Werken konfrontiert wird, hat Jonas schon das ein oder andere Stück gelesen. Besonders das Schmökern in Gegenwartsliteratur hilft ihm dabei, nachzuvollziehen, wie andere Autoren und Autorinnen Stücke strukturieren, die Handlung vorantreiben oder Figuren entwickeln, was wiederum förderlich für seinen eigenen Schreibprozess ist. 

Wie wird man Autor*in?

Auf meine Nachfrage, wie man als theaterbegeisterte Person selbst zum Autor oder zur Autorin werden könnte, schlägt Jonas vor, einfach mal selbst das Schreiben auszuprobieren. Auch der Besuch von Workshops oder einer SQ ähnlich zu der, die Jonas Mut gemacht hat, das Schreiben anzufangen, kann ein erster Schritt sein.

Jonas verfasst Theaterstücke „auf jeden Fall auch zum Unterhaltungszweck, zum einen für [ihn] während dem Schreiben […] und zum anderen natürlich dann im besten Fall auch für Publikum, wenn es dazu kommt“. Neben der Absicht, das Publikum mit der Aufführung seiner Werke zu unterhalten, möchte Jonas durch Theater zum Denken anregen. Die erste Aufführung seines Theaterstückes „Käfertage“ war eine sehr schöne Erfahrung für Jonas, auch wenn bei so einer Uraufführung die ein oder andere Kleinigkeit schiefgehen kann.

Junge Leute im Theater

Als wir über das Thema „Junge Leute und das Theater“ stolpern, erzählt mir Jonas, wie schade er es findet, dass nicht mehr junge Leute seine Begeisterung für das Theater teilen. Seiner Meinung nach werden Schüler und Schülerinnen viel zu früh dazu gezwungen, „sprachlich komplizierte Texte“ zu lesen, was dazu führt, dass abseits von den kleinen gelben Reclam-Heftchen nicht viel Kontakt zu Theater hergestellt wird. Das ist schade, denn für Jonas ist Theater „was total Schönes und was total Unterhaltsames, einfach weil es so live ist und so direkt alles passiert“. Anstatt durch komplizierte und ermüdende Texte abzuschrecken, schlägt Jonas vor, mehr Vorstellungen mit Schüler*innen im Theater zu besuchen und darauf aufbauend den Unterricht zu gestalten. Mehr Gewicht auf Gegenwartsdramatik zu legen, könnte ebenfalls dabei helfen, junge Leute für die interessanten und aktuellen Themen zu begeistern, die in Theaterstücken behandelt werden.


Im Moment betreibt Jonas das Theaterschreiben nur als Hobby, in seiner Zukunft würde er sich aber gerne professionell der Arbeit rund ums Theater widmen. Nach seinem Bachelor plant Jonas, ein Regie-Studium anzuhängen, denn allein durch Verfassen von Theaterstücken seinen Lebensunterhalt zu verdienen, kann sich als recht schwierig gestalten. Wir beenden unser Gespräch mit der Frage „Wo siehst du dich in fünf Jahren?“. Für Jonas ist klar, in fünf Jahren sieht er sich in einem Theater arbeitend, gerade dabei ein Regiestudium zu absolvieren, in einer Altbau-WG wohnend, irgendwo, wo es schön ist, Hauptsache in einer anderen Stadt, denn so schön Stuttgart auch ist, etwas Anderes würde er gerne noch erleben.

Anietta

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