Viele junge Leute befinden sich gerade zu der Zeit im Studium, in welcher sie auch über ein Kind nachdenken oder eventuell auch schon eines haben. Andere Studierende bekommen ungeplant Nachwuchs und stehen erstmal vor einem riesigen Berg, kämpfen mit einigen Ängsten und Sorgen. Doch all diese Ängste und Sorgen können mit der richtigen Unterstützung bewältigt werden. Ich habe eine junge studierende Mutter getroffen und mit ihr darüber gesprochen.
Achtet man mal darauf, begegnen einem in der Universität weitaus mehr Kinder als man erwarten würde. Im Hörsaal in der letzten Reihe sitzt eine Kommilitonin mit einem schlafenden Baby auf dem Arm. Im Seminar malt ein kleines sechsjährigen Mädchen mit Buntstiften ein Bild während Mama mitschreibt. Im Tutorium sitzen zwei Mädchen, kaum älter als man selbst, mit einem unübersehbaren Babybauch. "Wie schaffen die das?", fragt man sich unweigerlich. Wie viel Stress müssen sie aushalten, um ihren Alltag bewältigen zu können? Wie bekommen sie Uni und Kind unter einen Hut und wie sehr werden sie dabei unterstützt?
"Service Uni & Familie"
Seit 2012 ist die Uni Stuttgart mit einem Zertifikat als familiengerechte Hochschule ausgezeichnet . Möchte man sich über die Unterstützung der Uni Stuttgart in Sachen Familie informieren ist man bei www.uni-stuttgart.de/uniundfamilie genau richtig. Hier findet man ein breites Angebot und umfangreiche Informationen, die nahezu keinen Platz für Fragen lassen. Für den Zeitraum der Schwangerschaft in dem es der Studierenden noch möglich ist die Vorlesungen zu besuchen und ihre Leistungen zu erbringen, finden sich auf der Homepage verschiedenste Möglichkeiten die Prüfungsangelegenheiten zu regeln. In erster Linie kann die Studierende einen Antrag auf die Flexibilisierung der Prüfungsfristen beim Prüfungsamt einreichen. Das Prüfungsamt entscheidet über diese Anträge in Einzelfallentscheidung.
Zusätzlich gibt es auch feste Richtlinien, welche nur auf ausdrücklichen Wunsch inklusive eines Antrages der Studentin selbst übergangen werden können. So darf eine schwangere Studierende der Universität Stuttgart sechs Wochen vor der Entbindung so wie acht Wochen nach der Entbindung keine Prüfung ablegen (der Zeitraum nach Entbindung fällt bei Früh- oder Mehrlingsgeburten länger aus).
Auch in der Zeit nach der Entbindung, werden frisch gebackene Eltern umfangreich von der Universität unterstützt. So ist es den Studierenden möglich Urlaubssemester zu beantragen. In erster Linie kann der Mutterschutz beziehungsweise die Elternzeit beantragt werden. Dabei handelt es sich dann um die sogenannten Schutzzeiten. Während dieser Schutzzeiten ist es den Studierenden freigestellt, ob sie Prüfungsleistungen erbringen oder Vorlesungen besuchen möchten, im Gegensatz zu Studenten die sich in einem „normalen“ Urlaubssemester befinden.
Und das liebe Geld?
Während eines Urlaubssemesters ist es nicht üblich BAFöG zu erhalten, jedoch kann man hier auf eine Unterstützung zählen, welche sozialhilferechtlich gleichgestellt ist; wie zum Beispiel Lebensunterhalt oder Arbeitslosengeld 2. Ist es der Studierenden nach dem Mutterschutz oder der Elternzeit, dann wieder möglich zur Universität zu gehen, gegebenenfalls auch mit Kind so ist die Uni ausreichend ausgestattet mit Still- und Wickelräumen. So finden sich am Campus Stadtmitte zwei Wickelräume, einer in der Geschwister- Scholl- Straße 24C sowie in der Keplerstraße 17 im Untergeschoss.
Bericht aus dem Alltag
Doch wie ist es nun eigentlich während des Studiums schwanger zu sein, ein Kind zu bekommen und später Vollzeit- Mami oder Papi neben dem Studium zu sein? Welche Gedanken macht man sich, welche Unterstützung bekommt man?
Ich treffe Maria, 23 Jurastudentin aus Tübingen im achten Semester. Als vor zwei Jahren Isabella auf die Welt kam hatte Maria gerade ihr Grundstudium beendet und somit eine gute Basis geschaffen, sich auf ihre Mutterrolle vorzubereiten. Fragen wie: „Kriege ich Studium und Kind unter einen Hut?“ brauchte ich nicht zu stellen, denn die kleine Isabella war trotz eines anstrengenden Jura-Studiums ein absolutes Wunschkind. Die Sorgen, ob alles machbar ist mit Kind und Studium konnten vor Allem die Unterstützung der Eltern und Schwiegereltern nehmen
Eine weitere Sorge, die vielen jungen Eltern auf die Seele drückt ist natürlich das liebe Geld. Neben dem Studium ein Kind zu versorgen und für es da zu sein und auch noch arbeiten zu gehen, damit genügen Geld zum Leben da ist, ist eine enorme Aufgabe und Verantwortung. Maria sagt, sie hat das Glück nicht nebenher arbeiten gehen zu müssen. Darüber ist sie auch sehr froh, denn mit Kind ist der Alltag auch mit Haushalt, Einkaufen und Uni schon vollgepackt. Allerdings sagt auch sie: „wenn man muss, dann geht es auch irgendwie“.
Und wann entspannst Du mal?
Zum Thema Unterstützung der Uni Tübingen für Studierende Mütter/ Schwangere erzählt Maria, dass es bei ihr keine Prüfungsverschiebung gab, wie es an der Uni Stuttgart möglich ist. Auch eine hochschwangere Studentin hat ihre zwei Versuche die Prüfung zu bestehen. Bei so viel Stress, Druck, Verantwortung und Aufgaben fragt man sich natürlich schnell: „Wann hast du noch Zeit zu lernen? Oder auch mal zu entspannen?“. Maria schmunzelt und sagt, dass sie vor Allem nachts lernt, sehr wenig schläft und sonst früh morgens in die Universitäts Bibliothek fährt um dort noch zu lernen. Auf meine Frage, ob sie die Kleine zur Not auch mal mitnehmen könnte in die Uni, lacht sie und sagt: „Eher nicht!“ denn meistens ist es dann doch einfach zu laut.
Durch ihre Urlaubssemester ist Maria nun zwei Semester hinter ihren Kommilitonen, was bei Jura jedoch nicht großartig auffällt. Einen Vorteil, den das Jurastudium mit sich bringt, ist die Flexibilität der Prüfungen und Hausarbeiten nach dem Grundstudium. In welchem Semester man wie viele Hausarbeiten inklusive dazugehöriger Prüfung schreibt ist einem selbst überlassen. Schreibt man jedoch die Hausarbeit und besteht die Prüfung nicht, muss man auch die Hausarbeit nochmal schreiben. „Das ist dann ärgerlich“ sagt Maria und lächelt. Auf meine Frage, ob sie im Nachhinein betrachtet ein Baby eher während oder nach dem Studium empfehlen würde, meint sie: „wenn man Karriere machen möchte, eher später“. Obwohl Maria erzählt: „in der ersten Phase hatte ich kaum Zeit für mich neben dem Haushalt, dem Lernen und Kochen. An Haare, Nägel, Augenbrauen denkst du nicht“ antwortet sie auf die Frage, ob sie im Nachhinein etwas ändern würde entschlossen mit „Nein“ und grinst.
Lea
Kommentare
- Ellen
- 2015-11-05 10:53:25
Hallo Lea,
ich habe damals auch darüber nachgedacht, während des Studiums ein Kind zu bekommen, weil ich immer eine junge Mama sein wollte. Ich habe mich aber dann doch dagegen entschieden. Der Grund? Rein finanzieller und organisatorischer Natur. Ich wollte mein Studium unbedingt in Regelstudienzeit schaffen und war schon allein oft knapp bei Kasse, trotz Nebenjobs etc.. Die Unterstützung, die von vielen Unis geboten wird, ist zwar schon gut, aber längst nicht ausreichend (für mein Empfinden) - und wenn man noch dazu keine Familie in der Nähe hat, wird das Ganze direkt noch schwieriger. Ich drücke dennoch allen werdenden Mamas und Papas im Studium die Daumen :-)
LG
Ellen
- Doris
- 2016-03-22 20:01:31
Wunderbare Entwicklung
Durch Zufall bin ich über eine Recherche auf diese Seite gestoßen. Wie sich die Zeiten doch ändern und besonders erfreulich manchmal auch zum Positiven. Ich habe vor 35 Jahren hier studiert und von Kinderfreundlichkeit konnte damals keine Rede sein. Damals haben wir uns zwar gegen das Establishment aufgelehnt, freien Liebe praktiziert und andächtig Rudi Dutschke zugehört: Nur Kinder hatten eigentlich keinen Platz auf dem Campus. Später, als wissenschaftliche Mitarbeiterin, wäre wohl kaum eine Mutter auf den Gedanken gekommen ein Kind mit zur Arbeit an die Uni zu bringen.
Deshalb empfinde ich die heutige Situation für studierende oder an der Uni arbeitende Mütter gegenüber früher als echte Revolution. Programme wie "For Women in Science" oder das „Brigitte Schlieben-Lange-Programm“ sind eine wirkliche Bereicherung und großartige Hilfe. Nach meinem Empfinden könnten für die Promotion die Förderhöhe von 1200 Euro ruhig noch um 300 Euro aufgestockt werden. Ist aber Jammern auf hohem Niveau ;-)).
Ich arbeite übrigens nur noch nebenberuflich und da als Texterin, da ich 4mal pro Woche vormittags die beiden Kinder meiner berufstätigen Tochter hüte. Ein Vorteil der Online-Entwicklung.
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