Die ersten Semesterferien

Sind Semesterferien nicht eigentlich zum Entspannen da? Anietta hat vor kurzem ihr Studium begonnen und hatte nun das erste Mal "vorlesungsfreie Zeit". Wie war's?

Das erste Semester neigt sich dem Ende zu, die letzten Abgaben stehen an, ich sitze am Schreibtisch, verfalle in Tagträumereien und schmiede Pläne, was ich alles tun möchte, wenn das erste Semester erfolgreich überstanden ist. Der Mauszeiger wandert zur Suchleiste und nach ein paar Klicks lande ich auf einer Internetseite mit der Überschrift “Semestertermine”, die Auskunft über die Termine und Fristen gibt, die man als Student oder Studentin der Uni Stuttgart auf keinen Fall verpassen sollte. Dick gedruckt ist dort das Ende des Wintersemesters und der Beginn der Vorlesungen des Sommersemesters zu finden und nach kurzer Rechnung wird mir klar: ganze zwei Monate vorlesungsfreie Zeit liegen zwischen dem Winter- und Sommersemester!

Was auf den ersten Blick wie ein Träumchen eines jeden Studierenden erscheint, entpuppt sich nach einem kurzen Check meiner Prüfungstermine als eine Zeit, in der mir wohl eine Menge Dates mit meinem Laptop am Schreibtisch bevorstehen. Anders als es der Name “Semesterferien” vermuten lässt, sind die Semesterferien an der Universität Stuttgart weniger Ferien, sondern viel eher vorlesungsfreie Zeit. Man muss Prüfungen schreiben und findet nur ab und zu in Lernpausen oder nach Abschluss der Prüfungen die Zeit dazu, die Vorzüge des Studierendenlebens zu genießen.

Wenn die Uni zum zweiten Zuhause wird…

Einige Tage später ist es tatsächlich soweit, die letzte Vorlesung ist abgehakt, das letzte Übungsblatt wurde abgegeben und für mich bedeutet das nun, so richtig mit dem Lernen für die drei Klausuren anzufangen, die im Laufe der Semesterferien auf mich zukommen werden.
Mithilfe von Altklausuren, Karteikarten, Wiederholen von Übungsblättern und den Vorlesungsfolien speichere ich Stück für Stück den Vorlesungsstoff in meinem Kopf ab. Das Gute an der ganzen Sache mit der Klausurenphase: man steckt nicht allein im Prüfungsstress! In den Lernräumen an der Uni schwirren täglich Kommilitonen und Kommilitoninnen herum, mit denen ich zusammen bearbeitete Aufgaben bespreche, Altklausuren rechne und gemeinsam verzweifeln kann, wenn wir zwischendrin auf Aufgabenstellungen treffen, die zunächst völlig unverständlich erscheinen. Und wenn auch nach langem Grübeln keine brauchbare Lösung herauskommt, gibt es zum Glück den kleinen Fachschafts-Raum, wo sich stets Studierende aus höheren Semestern herumtreiben, die gerne mal eine Frage beantworten. Viel meiner restlichen Zeit verbringe ich an meinem Schreibtisch, wo ich mich, gewappnet mit Snacks und einer Tasse Tee, weiter auf die Prüfungen vorbereite oder mit meiner Lerngruppe in langen Video-Calls Altklausuren bespreche.

Und zwischendurch: abschalten!

Ganz wichtig in der Prüfungsphase ist es aber auch, sich zwischendurch auch mal eine Pause zu gönnen. Nach einem Tag voller komplizierter Aufgaben, verwirrender Beweise und und unverständlichen Kritzeleien des Professors bedeutet das für mich, mich mit meinen WG-Mitbewohnerinnen vor den Fernseher zu pflanzen und den Kopf für ein, zwei Stunden nicht weiter mit Wissen über formale Sprachen, Schaltungstechnik und Programmierkonzepte zu füttern und stattdessen völlig abzuschalten. Auch ein Workout zwischendurch, ein Spaziergang oder eine Runde Joggen, ein Kaffee mit Freunden, etwas Schönes zu kochen oder eine Einkaufstour sind willkommene Abwechslungen, wenn der Kopf nach langem Lernen so richtig anfängt zu rauchen.

Zwischendrin Sport hilft den Kopf zu lüften

Oh oh, die erste Prüfung!

Nach intensiver Vorbereitung steht als Erstes die berüchtigte Prüfung zur Vorlesung “Theoretische Informatik 1” an, der viele meiner Kommilitonen und Kommilitoninnen und ich durchaus mit etwas Nervosität entgegenblicken. Vor dem Hörsaal steht ein unruhiges Grüppchen von Studierenden, ich schnappe Gesprächsfetzen wie “Na, fühlst du dich gut vorbereitet?” oder “Ich hoffe nur, dass das Thema mit den Monoiden nicht drankommt!” auf, während ich mit Mitstudierenden rede, um mich von der anstehenden Prüfung abzulenken. Nach zwei Stunden Prüfungszeit, die wie im Flug vergehen, kann der erste Haken auf der Liste mit Prüfungen für dieses Semester gesetzt werden. Die ganze Aufregung und der Prüfungstrubel wird mit einem entspannten Abend an der Uni inklusive Flammkuchen, Wein und Billard belohnt. Der restliche Teil der Prüfungszeit verläuft ähnlich unspektakulär, wenn auch weiterhin beeinflusst durch die Umstände der Corona-Pandemie, die unter anderem mich und auch viele andere Studierende dazu zwingen, 10 Tage in Quarantäne zu verbringen. Während der Quarantäne inmitten der Prüfungsphase kann man leider nicht den gesamten Tag eingekuschelt im Bett verbringen, sondern muss bewaffnet mit Halstabletten, heißem Tee und Nasenspray dem Virus trotzen und trotz allem die ein oder andere Altklausur rechnen.

Nach den Prüfungen fängt der Spaß erst richtig an!

Es ist Montag, der 21. März, kurz nach 10 Uhr, und ich laufe neben meinen Komillitonen aus dem Hörsaal heraus. Die Sonne kitzelt in unseren Gesichtern, während wir im Kreis stehen und langsam von der Realisation überrollt werden, dass wir tatsächlich alle Prüfungen überstanden haben. Nach wochenlangem Lernen ist es nun endlich soweit! Der Abschluss der Prüfungsphase feiere ich in der Sonne am See auf dem Campus und danach mit einem ausgiebigen Frühstück im Garten. Jetzt wird es Zeit, die Liste mit den Plänen für den tollen Teil der Semesterferien auszupacken und die drei Wochen bis zum Start des nächsten Semesters so richtig zu genießen. Neben Picknick im Schlossgarten, Filmabend, Eisessen, skaten und Geburtstagsfeiern, finde ich endlich mal wieder die Zeit dazu, lange in der Sonne zu lesen, einer Ausstellung im Kunstmuseum einen Besuch abzustatten, mit Freunden zu später Stunde unterwegs zu sein, in Cafés zu gehen und meine Familie zu besuchen. Als perfekter Abschluss der Semesterferien ist ein Trip nach Barcelona geplant, um nochmal ordentlich Energie für das bevorstehende Sommersemester zu tanken. Alles in allem muss man sich als Student oder Studentin im MINT-Bereich wohl darauf einstellen, dass sich die Semesterferien in vielerlei Hinsicht eher wie "Lernferien" anfühlen. Aber trotz allem gibt es dann auch die schönen Momente, die der Bezeichnung “Ferien” voll und ganz gerecht werden.

 

Anietta

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