Als baldige Absolventin eines geisteswissenschaftlichen Studiums habe ich es oft erlebt, wie Studiengänge der Geistes- und Sozialwissenschaften unterschätzt werden. Wenn ich jemandem erzähle, was ich studiere, ist die Resonanz eher mäßig: „Du studiert Berufspädagogik – was machst du damit später?“ oder „Findet man damit überhaupt einen Job?“
Vielseitige Berufsmöglichkeiten
Es ist verständlich, dass Außenstehende skeptisch sind, da das Berufsbild nicht ganz so offensichtlich ist wie bei jemandem, der beispielsweise Medizin studiert. Aber genau darin liegt einer der vielen Vorteile: die Vielseitigkeit und die große Anzahl an Möglichkeiten, die sich aus einem Studium der Geistes- und Sozialwissenschaften ergeben. Die Antwortet lautet also: „Ja! Ich finde einen Job und kann in verschiedensten Bereichen, wie der beruflichen Bildung und Weiterbildung, Personalentwicklung, Beratung und Coaching oder in der Forschung tätig sein.“
Aber, warum werden Geistes- und Sozialwissenschaften immer noch unterschätzt?
Meiner Meinung nach liegt das in der zuvor veranschaulichten Subtilität. Ingenieur*innen entwickeln Autos, Mediziner*innen retten Menschenleben, aber die Aufgabe von Geistes- und Sozialwissenschaftler*innen ist weitaus komplexer zu definieren. Auch die Leistung ist schwieriger zu messen.
Geistes- und Sozialwissenschaftler*innen sind Praktiker
Die meisten Menschen gehen davon aus, dass ein geistes- und sozialwissenschaftliches Studium aus Theorien und der Auseinandersetzung mit Texten besteht. Dem ist jedoch nicht so – es bietet insbesondere die Möglichkeit, bereits während des Studiums wertvolle Praxiserfahrung zu sammeln. Und diese ist derzeit so gefordert wie noch nie auf dem Arbeitsmarkt.
Im Gegensatz zu anderen Studiengängen, bei denen der Fokus eher auf dem Erlernen von spezifischen Fähigkeiten liegt, sind im geistes- und sozialwissenschaftliches Studium Praktika und Fallstudienprojekte das A und O. Zusätzlich üben viele eine ehrenamtliche Nebenbeschäftigung aus oder haben einen Job als Werkstudent*in. So lernt man frühzeitig sich mit der Praxis sowie dem eigenen Berufsweg auseinanderzusetzen und Netzwerke zu knüpfen. Zusätzlich werden wichtige Kompetenzen vermittelt, die insbesondere bei der späteren Jobsuche einen Vorteil bieten.
Punkten mit gefragten Fähigkeiten
Geistes- und Sozialwissenschaftler*innen bringen tiefgehende analytische Fähigkeiten mit, ein umfassendes Verständnis menschlichen Verhaltens und kommunikative Fertigkeiten – Qualifikationen, die in vielen Berufsfeldern gefragt sind. Eine Wirtschaftspsychologiestudentin aus meinem Bekanntenkreis hat das sehr treffend zusammengefasst: „In meinem Studium liegt der Hauptfokus nicht auf der Theorie oder abstrakten Konstrukten, sondern darauf eine Persönlichkeit zu bilden. Unsere Professor*innen versuchen uns so auf die ständig wandelnde Arbeitswelt vorzubereiten, indem wir lernen strukturiert Problemstellungen anzugehen und auch mal Lösungen out-off-the-box zu entwickeln.“
Anstatt die Literaturwissenschaften, Geschichte, Berufspädagogik und Co. zu unterschätzen, sollte man sie viel mehr als wertvolle Grundlage für eine erfüllende Karriere ansehen. Ein Studium in diesen Bereichen ermöglicht, durch Erfahrungen, zusätzliche Kompetenzen und Netzwerke einen gelungenen Berufseinstieg und letztlich den Job zu finden, der den eigenen Interessen und Vorstellungen entspricht und Freude bereitet.
Leonie
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