Foodsharing – Lebensmittel retten in Stuttgart

Im Interview mit Alex und Jana erfährst du, wie du dich in Stuttgart für Foodsharing einsetzen und Lebensmittel retten kannst.

In deutschen Haushalten wandern jedes Jahr rund 85 Kilogramm Lebensmittel pro Person in den Müll, das hat eine Studie der Universität Stuttgart ergeben. Stuttgart setzt ein Zeichen und ist seit Ende 2022 Foodsharing-Stadt.

Foodsharing: Was ist das überhaupt?

Beim Foodsharing geht es darum, überschüssige Lebensmittel vor dem Müll zu retten und die Verschwendung von Lebensmitteln zu reduzieren. Das Ganze beginnt bei dir zu Hause im eigenen Kühlschrank und geht weiter im großen Supermarkt um die Ecke. Du persönlich kannst helfen und Lebensmittel, die womöglich aufgrund deines anstehenden Urlaubs in die Tonne wandern würden, in einen Fairteiler abgeben. Fairteiler? Das sind zum Beispiel Kühlschränke, die in der Stadt verteilt aufgestellt sind und in denen „fair geteilt“ wird. Die geretteten Lebensmittel darin sind für alle zugänglich. Supermärkte oder Bäckereien haben ebenso die Möglichkeit, Lebensmittel abzugeben, die sie zum Beispiel aufgrund des nahenden Mindesthaltbarkeitsdatums nicht mehr verkaufen dürfen. Schlecht sind diese deshalb noch lange nicht.

Beispiel für einen Fairteiler

Die Stadt Stuttgart zählt mittlerweile offiziell zu einer der Foodsharing-Städte Deutschlands und es konnten bis Ende 2022 laut Pressemeldung der Stadt Stuttgart im Kessel bereits 912.000 Kilogramm Lebensmittel gerettet werden. Richtig gut! Wie du selbst beim Foodsharing helfen kannst, habe ich einen guten Freund von mir gefragt. Alex ist Lebensmittelretter und holt Lebensmittel von großen und kleinen Betrieben ab, um sie zum Beispiel in Fairteilern allen zugänglich zu machen.

Lebensmittelretter Alex über Foodsharing

Hey Alex! Erzähl doch mal: Wie bist du darauf gekommen, dich fürs Foodsharing in Stuttgart einzusetzen?

Alex: Zur Bewegung „Foodsharing“ gekommen bin ich durch Kommiliton*innen, die sich dafür interessiert haben. Dadurch habe ich mich mit dem Thema beschäftigt und gemerkt, dass es ganz einfach ist, mitzumachen: Man macht zuerst ein Online-Quiz bei Foodsharing.de, meldet sich dann für eine Art "Infoabend" an und besucht drei Probeabholungen von Lebensmitteln, dabei wird man eingelernt. Es ist super einfach und unkompliziert. Ob man die abgeholten Lebensmittel dann in Fairteiler bringt oder sie privat an Freunde und Bekannte verteilt, ist egal. Hauptsache man wirft sie nicht weg. Außerdem ist ein kleiner Bonus, dass man Geld spart, da man kostenlos Lebensmittel wie Backwaren, Obst und Gemüse erhält.

Wie viel Arbeit ist es, ein Lebensmittelretter zu sein? Was muss ich dabei beachten?

Alex: Zu beachten gibt es ein paar Dinge wie zum Beispiel, welche Produkte in einen Fairteiler dürfen. Alkohol darf nicht rein. Man kann viel Arbeit investieren, wenn man regelmäßig bei großen Betrieben abholen geht. Man kann sich aber auch unregelmäßig und bei kleineren Betrieben eintragen, dann ist der Zeitaufwand geringer und man tut trotzdem etwas Gutes. Jedoch muss man sich davor Gedanken machen, wie man Lebensmittel, die man selbst nicht essen kann oder will, verteilt bekommt. Meistens ist es auch einfach zu viel für einen Privathaushalt. Als ich noch im Wohnheim gewohnt habe, habe ich dort immer Foodsharing-Aktionen gestartet und jede*r konnte sich an den Lebensmitteln bedienen. Solche Momente haben besonders glücklich gemacht. Innerhalb von wenigen Minuten waren alle Lebensmittel gerettet.

Gab es einen Moment, der dich geschockt hat?

Alex: Es ist immer wieder erschreckend, wie viele Lebensmittel täglich weggeworfen werden. Wenn es Foodsharing nicht geben würde, würden einzelne Betriebe Tonnen an noch genießbaren Lebensmittel wegschmeißen. Man kann es essen, darf es jedoch nicht verkaufen, also ab in den Müll. Das ist furchtbar. Schreckt also nicht davor zurück, euch bei Foodsharing.de zu registrieren. Das bringt keine Verpflichtungen mit sich, aber ihr habt jederzeit die Möglichkeit, euch zu engagieren!

Foodsharing im Café Raupe Immersatt

Wenn es dir nicht zusagen sollte, aktiv mitzuwirken, kannst du am Hölderlinplatz im Stuttgarter Westen Deutschlands erstes Foodsharing-Café, die Raupe Immersatt, besuchen. Hier werden gerettete Lebensmittel fairteilt und Getränke verkauft. Dabei gibt es keine festen Preise. Du entscheidest, was es dir wert ist und kannst damit durch eine Tasse Kaffee einen Beitrag zur Lebensmittel-Rettung leisten. Ich war für euch vor Ort und habe die liebe Jana nach ihren Erfahrungen während ihrer Arbeit in der Raupe befragt.

Blick in die Raupe Immersatt

Mitarbeiterin Jana über das Foodsharing-Café

Liebe Jana, erzähl uns doch mal, was dich an der Raupe inspiriert?

Jana: Mich inspiriert hier so vieles und der Job in der Raupe macht großen Spaß, da er so vieles Schönes miteinander verbindet: guten Kaffee, nette Menschen, Lebensmittel vor dem Müll retten. Aber vor allem beeindruckt es mich immer wieder, dass:

  • so viele verschiedene Menschen bei uns einen Raum haben.
  • ein Umfeld für Lebensmittelrettung, Kunst, Kultur und gute Gespräche in einem Raum Platz finden. Das solidarische Konzept der Raupe ist im ganzen Café spürbar.
  • die Raupe jeden Tag aufs Neue zeigt, wie wichtig es ist, tolerant und offen zu sein.
  • man immer wieder vor Augen geführt bekommt, wie einfach es sein kann, Gutes zu tun und an neue Initiativen und Ideen zu glauben.

Gibt es Momente, die dich beim Foodsharing erschreckt haben?

Jana: Immer mal wieder gibt es Großlieferungen von Lebensmitteln, die sonst weggeworfen werden würden. Das umfasst oft Mengen von einer Lastwagenladung Chips, literweise Pudding, Milchalternativen oder einzeln verpacktes Brot oder Croissants… Diese Großlieferungen zeigen das Ausmaß des Problems sehr eindrücklich. Schockierend ist auch die Menge an Backwaren, die wir von Bäckereien bekommen. Für mich ist es mittelweile schon „normal“, dass immer mehrere Kisten perfekte Backwaren da sind. Da muss man hinterfragen, ob nicht etwas grundlegend schief läuft…

Über die Raupe Immersatt

Die Raupe bietet einen Ort, der Menschen dazu einlädt, offen zu sein und ohne einen Konsumzwang ganz unterschiedliche Menschen kennenzulernen. Die Raupe möchte Menschen an die Themen Nachhaltigkeit und Lebensmittelverschwendung heranführen. Wenn du sie noch nicht kennst, schau gerne mal vorbei und lass dir den Tag versüßen! Ganz bestimmt wartet auch noch ein gerettetes Croissant auf dich!

Viel Spaß beim Erkunden!

Vanessa

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