Mein Studium: Erwartungen vs. Realität

Unsere Autorin Sophie studiert schon seit ein paar Semestern und lässt einmal Revue passieren, ob und welche ihrer Vorstellungen vom Studium erfüllt wurden und welche nicht.

„Ist dein Studium wie erhofft?“ Als mich diese Frage erreicht, stecke ich mitten in der Vorbereitung für die wohl schwerste Modulprüfung meines Studiums. Nicht nur die Menge und der Schwierigkeitsgrad machten mir zu schaffen. Auch die Tatsache, dass zahlreiche Kommiliton*innen regelmäßig durchfallen, machte mir Angst und sorgte für ein dauerhaftes Stressgefühl. Wenn ich die Frage hätte sofort beantworten müssen: Nein, so hatte ich mir das Studium ganz und gar nicht vorgestellt.

In meiner Vorstellung ging man abends auf Partys, statt bis tief in die Nacht am Schreibtisch zu sitzen. Dort hatte ich keinen schlechten Schlaf aufgrund von Stress, sondern schlief morgens ganz entspannt aus. Ich hatte keine verspannte Rückenmuskulatur und keine Kopfschmerzen. In meiner Vorstellung hatte ich lange Semesterferien, statt Prüfungen und (Labor-)Praktika. Das studentische Lotterleben von dem alle sprachen, hatte ich in diesem Moment auf jeden Fall nicht.

Nach einer Prüfungsphase kommen erfahrungsgemäß wieder bessere Zeiten. Zumindest bis zur nächsten Prüfungsphase. Oder wie mein Kommilitone pessimistisch sagt: „Nach Regen kommt auch wieder Regen.“ Ganz so schlimm ist es natürlich nicht und die Zeit dazwischen lässt sich gut nutzen, um Revue passieren zu lassen, ob sich meine Erwartungen an das Studium erfüllt haben.

Studieren ist grundsätzlich mal nicht falsch

Warum ich eigentlich studieren wollte, kann ich heute gar nicht mehr genau sagen. Ich wollte die Welt zu einem besseren Ort machen, ohne zu wissen, welcher Beruf dafür wirklich geeignet ist. Ein Studium war da grundsätzlich mal nicht falsch. Außerdem schienen mir die Hürden zur Bewerbung an einer Universität niedriger als für eine Ausbildungsstelle – gut und für letzteres war ich auch viel zu spät dran.

In erster Linie wollte ich so viel wie möglich ausprobieren und neugierig sein. Für mich ist das Ende des Studiums ein Symbol des Erwachsenseins. Bis dahin aber wollte ich ganz viele Erfahrungen sammeln, mich Herausforderungen stellen und mich persönlich weiterentwickeln. Bisher ist mir das auch ganz gut gelungen. Ich habe im Hochschulsport neue Sportarten ausprobiert, bin von Zuhause ausgezogen, engagiere mich ehrenamtlich und habe Seminare besucht die überhaupt nichts mit meinem Studium zu tun haben. Klar, auch Partys und neue Leute kennenzulernen, gehörten dazu. Die Pandemie hat diesem Punkt aber einen ziemlichen Dämpfer verpasst. Umso schöner ist es, dass es jetzt wieder zahlreiche Veranstaltungen gibt.

Ich kann jetzt besser Fragen stellen

Irgendwie dachte ich, dass ich nach dem Studium schlauer wäre als davor und begriffen hätte „was die Welt im Innersten zusammenhält“. Aber eigentlich kann ich jetzt nur besser Fragen stellen. Beim Studieren wird einem bewusst, wie wenig man eigentlich weiß und dass man niemals mit lernen fertig ist. Vor allem jetzt am Ende meines Studiums muss ich eine eher ernüchternde Bilanz ziehen: Das Studium ist theoretisch mit mäßig viel Praxis und kaum Bezug zur Realität. Müsste ich morgen anfangen zu arbeiten, ich hätte keine Ahnung, wie ich all das theoretische Wissen anwenden soll. Das ein Studium einen auf das spätere Berufsleben vorbereitet, ist leider ein Trugschluss. Vor allem bei meinem Studiengang Umweltschutztechnik hatte ich auf mehr konkrete Handlungsansätze und Lösungen gehofft.

Nicht zuletzt hatte ich auch hohe Ansprüche an mich selbst und meine Leistung. Das Abitur hatte ich gut abgeschlossen, das Studium sollte ebenfalls gut werden. Viele Studierende erzählen einem, dass man an der Universität für eine Prüfung mehr lernt als für das Abitur. Damals konnte ich das nicht so wirklich glauben, noch mehr ginge ja gar nicht. Heute weiß ich: das geht und noch viel mehr. In den Erstsemestereinführungen hatte ich die höheren Semester noch skeptisch beäugt, als sie erzählten, dass sie über die Regelstudienzeit hinaus studierten. Heute gehöre ich selbst zu ihnen. Auch durch Prüfungen zu fallen und zu scheitern gehört zum Studieren, dass musste ich erst lernen.

Es war zäh - trotzdem würde ich wieder studieren

Mein Studium war rückblickend an manchen Stellen ziemlich zäh. Dass meine Erwartungen nicht so wirklich erfüllt worden sind liegt auch daran, dass ich mich vorab gar nicht wirklich über die Inhalte meines Studiengangs informiert habe, sondern mich eher blind darauf beworben habe. Das spiegelt auch die Ergebnisse einer Umfrage der Universität Freiburg wieder. „Studierende, die sich im Vorfeld informiert haben und Studierende, die ein strak ausgeprägtes Wissen über die Inhalte ihres Studiums mitbringen, fühlen sich eher in ihren Erwartungen bestätigt, als nichtinformierte oder unwissende Studienanfänger*innen“.

Insgesamt ist das Studieren überhaupt nicht so wie ich mir das vorgestellt hatte. Aber das ist es ja nie und das ist auch überhaupt nichts Schlechtes! Das hier ist eine eher ernüchternde Bilanz meiner Studienzeit und trotzdem studiere ich gerne und würde mich wieder dazu entscheiden. Ich mag meinen Studiengang, weil er doch immerhin etwas mit meinen „Weltretterplänen“ zu tun hat und mit der Hoffnung auf mehr Praxis, freue ich mich auf weitere Semester.

Sophie

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