"Verschieben wir es doch auf morgen", sagte bereits die Schauspielerin Vivien Leigh als Scarlett O'Hara im berühmten Film "Vom Winde verweht". Verschieben wir es doch auf morgen - in dieser Aussage zeigt sich eine Haltung, mit der Menschen unzähligen Entscheidungen in ihrem täglichen Leben begegnen. Angesichts einer Vielzahl von Möglichkeiten sind wir stets darum bemüht, die beste auszuwählen. Das beginnt im kleinen Rahmen beim Kauf eines Joghurts - und endet bei Fragen mit großer Tragweite: In unserem Fall die Entscheidung zwischen einer Ausbildung und einem Studium.
Während von der Frage, welchen Joghurt wir uns genehmigen, nicht gerade unser Leben abhängt, haben berufliche Entscheidungen oft weitreichende Konsequenzen. Und spätestens wenn es um die Zukunft geht, sind die meisten Menschen große Zauderer. Sie überlegen hin und her, wägen das Für und Wider einer Sache ab, befragen abwechselnd ihren Verstand und ihr Bauchgefühl, diskutieren im Freundeskreis oder surfen im Internet, um genau die Information aufzutreiben, die ihnen die Entscheidung erleichtern soll. Meist ohne allzu großen Erfolg, weil jede/r zu wissen glaubt, was das Richtige für euch ist. Außer euch selbst.
Auch keine Entscheidung ist eine Entscheidung
Oft stellt sich erst im Rückblick heraus, ob eine Entscheidung falsch oder richtig - für den jeweiligen Zeitpunkt - war. Alles andere als rosige Aussichten für diejenigen, die sich aktuell in einer solchen Situation wiederfinden. Aber so viel Trost vorneweg: Ihr seid a) nicht alleine und b) können die meisten (Fehl-) Entscheidungen korrigiert werden. Leider nicht alle, da brauchen wir uns nichts vorzumachen. Aber das sollte niemanden davon abhalten, eine Entscheidung zu treffen.
Ganz ehrlich: Eine Sache auszusitzen in der Hoffnung, dass sich auf wundersame Weise eine - wenn nicht die ultimative - Lösung schon von alleine finden wird, ist selten hilfreich. Es sei denn, ihr zählt ein paar Märchenfeen zu eurem Bekannten- oder Freundeskreis. Falls das nicht der Fall ist, vergeudet ihr Energien und kostbare Zeit. Wie? Indem ihr alles Mögliche tut, um euch von der Entscheidung abzulenken - durch stundenlanges Surfen, Endlosdiskussionen mit euren FreundInnen und/oder während zahlreicher (ergebnisloser) Selbstgespräche. Manche nennen das Prokastrinieren. Generation Y kann alles, darf alles, tut aber gar nichts und jammert auch noch darüber. Das wird uns immer wieder vorgeworfen.
Wie viele trauen sich selbst denn überhaupt noch zu fragen, was sie interessiert, ohne im selben Atemzug bereits nach Jobchancen und dem künftigen Arbeitsmarkt zu schielen? Wie häufig stellen wir uns in der Realität folgende Fragen: Was will ich eigentlich? Und was wollen die anderen (Eltern, die Gesellschaft, der Arbeitsmarkt, ...) von mir? Und will ich diese Erwartungen erfüllen?
Viel zu selten. Denn im Laufe unseres Lebens werden wir auf das Gegenteil getrimmt.
Der sichere Weg: Von der Ausbildung zum Studium
Spätestens nach dem Abitur stellt sich die Frage, wie es weitergehen soll: Mache ich eine Ausbildung oder beginne ich direkt ein Studium? Die ultimative Antwort darauf gibt es nicht. Aber ihr könnt euch die Rahmenbedingungen ansehen und dabei evaluieren, welcher Weg für euch infrage kommt.
Solltet ihr mit einer Ausbildung liebäugeln, könnt ihr gar nicht früh genug mit der Suche nach dem passenden Ausbildungsplatz beginnen: Das Gros der Unternehmen beginnt bereits ein Jahr vor dem eigentlichen Ausbildungsbeginn mit der Auswahl seiner zukünftigen Auszubildenden. Manchmal warten übrigens dort Ausbildungsplätze auf Einen, wo man sie nicht unbedingt vermutet. Auch die Uni Stuttgart bietet Berufsausbildungen an. Also, ran an die Buletten!
Der große Vorteil einer Ausbildung liegt auf der Hand: Bereits vom ersten Tag an verdient ihr euer eigenes Geld (Ausnahme: schulische Ausbildungen werden oftmals nicht vergütet). Neben der finanziellen Unabhängigkeit könnt ihr euch bereits während eurer Ausbildungszeit ein finanzielles Polster für ein späteres Studium zulegen. Eine Ausbildung ist nach wie vor eine solide Investition in die Zukunft. Und solltet ihr gegen Ende der Ausbildung merken, dass ihr höher hinauswollt, so könnt ihr beim anschließenden Studium auf den praktischen Erfahrungen eurer Ausbildung aufbauen und euer bisheriges Wissen vertiefen.
Auch wenn das Ausbildungsgehalt je nach Branche stark variiert, so steht ihr finanziell recht schnell auf eigenen Beinen, nabelt euch vom Elternhaus ab und seid schneller in der Lage, ein selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Leben zu führen. Wenn es eure Noten erlauben, könnt ihr eure Ausbildung außerdem um ein halbes oder sogar ein ganzes Jahr verkürzen und kommt so noch schneller in den Genuss der finanziellen Unabhängigkeit. Und was auch nicht unerheblich ist: In der Regel müsst ihr euch für eine Ausbildung nicht verschulden, sondern könnt - je nach Höhe eures Verdienstes - auch noch Geld beiseitelegen.
Die Ausbildung als Vorbereitung aufs Studium
Während der Ausbildung - die je nach Branche und Unternehmen zwischen zwei- und drei Jahren dauert - durchlauft ihr einen geistigen Entwicklungs- und Reifeprozess. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil, den ihr gegenüber euren Kommilitoninnen und Kommilitonen habt, die direkt im Anschluss an ihr Abitur studieren. Statt munter ins Blaue hinein zu studieren und dabei ein paar Irrwege in Kauf zu nehmen, könnt ihr im Laufe eurer Ausbildung eure Interessen praxisnah ausloten und euch so den Weg ins passende Studium ebnen.
Und auch wenn geradlinige Lebensläufe immer mehr der Vergangenheit angehören, so ist es kein Nachteil, früh zu wissen, welche Richtung ihr beruflich einschlagen wollt und diese zielstrebig zu verfolgen. Als Faustregel empfiehlt es sich besonders dann, sich für eine Ausbildung zu entscheiden, wenn ihr eine große Praxisnähe bevorzugt und einer überwiegend bis ausschließlich theoretischen Auseinandersetzung und/oder wissenschaftlichem Arbeiten abgeneigt seid. Über eine Sache müsst ihr euch allerdings im Klaren sein: Für bestimmte Positionen kommt ihr nur in Betracht, wenn ihr einen Universitätsabschluss vorweisen könnt.
Studieren geht über Probieren
Das Studium ist nach wie vor an Beliebtheit kaum zu toppen. Zahlreiche Mythen und Legenden ranken sich darum: Die Vorstellung einer unbeschwerten Zeit, haufenweise Partys, ein bisschen Lernen hier, ein bisschen Lernen da und ansonsten das Leben in vollen Zügen genießen, verreisen … La dolce vita. Oder etwa nicht?
Wer ein Studium aufnimmt, wird in der Regel sehr bald von der Realität eingeholt. Seit der Einführung des Bachelor- und Master-Systems ist ein reines Interessenstudium weitgehend ausgeschlossen, wenn man etwa auf Bafög angewiesen ist und folglich die Regelstudienzeit einhalten muss. Dementsprechend bleibt wenig Zeit für den Besuch fachfremder Veranstaltungen. Inhaltlich liegt der Fokus sehr stark auf den Grundlagen wissenschaftlichen Arbeitens und anstelle eines universitären Freigeistes - kritisches, reflektierendes Denken - gilt es immer häufiger, sich massenweise Stoff in sehr kurzer Zeit ins Hirn zu prügeln, diesen bei der Klausur aufs Papier zu klatschen, um das Erlernte nach der Klausur "quasi-amnestisch" wieder zu vergessen (Stichwort "Bulimie-Lernen").
Trotzdem gilt ein Studium nach wie vor als die beste Versicherung gegen Arbeitslosigkeit – bei einer Arbeitslosenquote von ~ 2% unter AkademikerInnen. Das ist zwar noch immer keine Garantie dafür, dass ihr euren Traumjob findet und eingestellt werdet, aber es ist zumindest ein kleiner Lichtblick am düsteren Zukunftshorizont.
In den meisten Fällen müsst ihr fürs Studium einen Kredit in Anspruch nehmen, teilweise auch dann, wenn ihr nebenher arbeitet. Je nach Studienstadt variieren die Lebenshaltungskosten extrem. Der Start ins Berufsleben beginnt deshalb oft mit einem Schuldenberg, den es nach und nach abzutragen gilt. Wie ihr der Schuldenfalle entgehen könnt: Indem ihr beides, d. h. praxisnahe Ausbildung und theoretisches Studium, miteinander kombiniert - durch ein Dualstudium. Das große Plus dabei: Ihr bezieht bereits während eures Studiums ein moderates Gehalt.
Hand aufs Herz: Wenn ihr in euch hineinhorcht, habt ihr meistens eine grobe Vorstellung davon, wo es hingehen soll. Ihr müsst sie nur noch umsetzen. Und wenn sich eure Vorstellung oder Entscheidung nun als "falsch" herausstellt? Das Leben ist eine Ansammlung von Erfahrungen, die wir ganz unterschiedlich bewerten: Als Fehler oder als Erfahrungen, die uns manchmal nur das vorführen, was wir nicht und/oder um keinen Preis der Welt wollen. Und das ist schon mal ein Anfang.
Und zu guter Letzt: Vieles ist eine Frage der Perspektive. Müssen oder dürfen wir Entscheidungen treffen? Ich plädiere fürs Dürfen.
Romy
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