Mein Besuch im Computermuseum

Umgeben von Computern aus einer anderen Zeit – was gibt es im Museum der Universität Stuttgart zu bestaunen?

Mit meinem iPad in der Tasche laufe ich durch den Flur des Informatikgebäudes und biege in einen Gang ab, den ich trotz der vielen Stunden, die ich seit meines Studienbeginns schon in diesem Gebäude verbracht habe, noch nie betreten habe. Neugierig darüber, was mich bei meinem heutigen Besuch erwarten wird, schlendere ich entlang an Vitrinen gefüllt mit Bildern von großen Rechenmaschinen, Portraits und Namen wie Konrad Zuse und finde mich vor einem Raum wieder, der gefüllt ist mit - aus heutiger Perspektive - nostalgisch anmutenden Computern.

Auf der Tür prangt ein großes gelbes Poster, auf dem vier Ringe und Drähte abgebildet sind – ein Magnetkernspeicher, wie ich später erfahren werde. Vom Boden bis zur Decke sind die Regale gefüllt mit den unterschiedlichsten Geräten, die so ganz anders erscheinen, wie der kleine, leichte Computer, den ich gerade mit mir herumtrage. Man könnte fast meinen, im Informatikgebäude existiere eine geheime Zeitmaschine, die einen in das Experimentierlabor eines Tech-Start-Ups aus den 80er-Jahren katapultiert. Aber falsch gedacht – der besagte Raum ist das Computermuseum der Universität Stuttgart!

Mit ein paar Tischrechnern hat alles angefangen…

Begrüßt werde ich von Klemens Krause, dem Leiter des Computermuseums, der sich im Laufe meines Besuchs im Museum als wandelnde Wissensquelle für Computer aller Art, sowie deren Funktionsweise, Reparatur und Bedienung herausstellt. Er ist derjenige, der das Computermuseum in den 90er-Jahren ins Leben gerufen hat, nachdem er zuvor schon lange privat an elektronischen Spielereien gebastelt und Tischrechner auf Flohmärkten gesammelt hatte. Einige der heute im Museum ausgestellten Geräte wurden früher im Zuge von Programmierübungen von Studierenden genutzt. Als besagte Geräte nicht länger im Gebrauch der Universität waren, hat es sich Krause zur Aufgabe gemacht, die Instandhaltung und Pflege der Maschinen zu betreuen. 

Was gibt es im Museum zu bestaunen?

Mit der Zeit sind durch die Spenden anderer Universitäten, Hochschulen und Privatpersonen immer neue Computer zur Sammlung hinzugekommen, wodurch das Museum in seiner heutigen Gestalt mit den zahlreichen, dort ausgestellten technischen Wunderwerken entstanden ist.

Während ich meine Tasche ablege und meine Fragen an den Museumsleiter heraussuche, lasse ich meinen Blick schweifen. Dabei weiß ich gar nicht, wo ich hinschauen soll, weil ich mich umgeben von einer großen Menge an faszinierenden Exponaten finde, die mit ihren klobigen Bildschirmen, knalligen Farben und andersartigen Formen und Namen meine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. An einer Wand ist ein Regal mit einer Reihe von Apple-Computern aus vergangenen Zeiten aufgebaut und in der Mitte des Raumes thronen große, mit bunten Schaltern ausgestattete Quader, die als PDP-Minicomputer bekannt sind. Mein Blick fällt auf eine mechanische Rechenmaschine, die Quadratwurzel aus Zahlen berechnen kann, während mir Herr Krause begeistert von der Zuse11 berichtet, die als erster seriell hergestellter Computer in die Historie der Computergeschichte eingegangen ist.


Im Computermuseum gibt es allerlei Kuriositäten zu begutachten, sei es der LGP-30, der älteste in Deutschland noch laufende Magnettrommelrechner, oder die Anita Mark 8, die als erster elektronischer Tischrechner im Einsatz war. Daneben gibt es die IBM 1130 zu bestaunen, die zur Verarbeitung von Lochkarten genutzt werden kann und zahlreiche weitere mechanische und elektronische Tischrechner, sowie allerlei besondere Datenträger.


Was das Computermuseum auszeichnet, ist die immer noch vorhandene Funktionstüchtigkeit der dort ausgestellten Computer. Während des Gesprächs werfe ich die Frage ein, ob ich denn einen Computer in Betrieb sehen könnte. Herr Krause weist auf einen der großen Blöcke in der Raummitte und erklärt mir, dass es ein extra Terminal gibt, mit welchem er diesen und die verschiedenen anderen Computer im Raum steuern kann. 

Sammeln, Vorführen und Konvertieren – die Aufgaben und Ziele des Computermuseums

Begleitet von dem Geräusch klackender Tasten gibt er einige Befehle ein und plötzlich beginnt der PDP-12 laute mechanische Geräusche von sich zu geben. Nachdem er mit einer Selbstverständlichkeit, die von jahrelanger Beschäftigung mit Computertechnik zeugt, ein paar Tasten auf dem Frontpanel drückt und Knöpfe dreht, erscheinen auf dem Display sich bewegende Grafiken. Fasziniert betrachte ich die herumwirbelnden Formen und bin erstaunt, was ein Computer, der bereits im Jahr 1970 konstruiert wurde, leisten kann.

Umgeben von Rechenmaschinen, die wichtige Schritte auf dem Weg der Entwicklung unserer heutigen Computer waren, berichtet mir der Computerexperte Krause begeistert davon, wie ihn die Architektur und Logik der Maschinen fasziniert, mit denen er sich tagtäglich intensiv beschäftigt. Im Gegensatz zu heute benutzten Computern, kann man bei den ausgestellten Maschinen beobachten, was während der Ausführung von Programmen an einzelnen Stellen passiert.

Ziel des Computermuseums ist es, die immer noch funktionstüchtigen Rechenmaschinen und Computer zu sammeln und zu erhalten, zu warten und Besuchern und Besucherinnen ihre Funktionsweise zu präsentieren. Das Museum erzählt so die Geschichte der Entwicklung der Computer und möchte Wissen darüber an alle begeisterten Besucher*innen vermitteln.

Darüber hinaus berichtet mir der Museumsleiter, dass Datenmigration ebenfalls in den Tätigkeitsbereich des Museums fällt. So wenden sich des Öfteren Personen an das Computermuseum mit der Bitte, Dokumente wie zum Beispiel Doktorarbeiten von veralteten Datenträgern auf moderne Speicherelemente zu übertragen. Auch das Einscannen von historischen Dokumenten, z.B. Bedienungsanleitungen oder Konstruktionspläne, ist Bestandteil der Arbeit des Museums.

 

Welche Veranstaltungen bietet das Computermuseum an?

Wer tief in die Welt der Computergeschichte eintauchen möchte, kann jede Woche dienstags von 16.15 bis 18.30 Uhr im Museum vorbeischauen und die Entwicklung von Computern, die wir heute so selbstverständlich nutzen, in Form von faszinierenden Ausstellungsstücken nachvollziehen. Wer möchte, kann außerdem mit größeren Gruppen das Museum besuchen und in voriger Absprache mit Herrn Krause einen Termin für eine Führung in deutscher oder englischer Sprache buchen. Darüber hinaus findet zurzeit an jedem zweiten Donnerstag im Monat eine virtuelle Veranstaltungsreihe “Abends im Computermuseum” als Live-Stream statt, bei welcher Zuschauer*innen Vorführungen von Maschinen aus dem Computermuseum zu unterschiedlichen Themenkreisen mitverfolgen können. Wer sich über weitere Exponate informieren möchte, kann zusätzlich den YouTube-Kanal des Museums verfolgen oder auf der Website des Computermuseums Details zu den Ausstellungsstücken finden.
Informatiker*innen und Interessierte aufgepasst – ein Museumsbesuch ist definitiv lohnenswert.

Wer sich des Öfteren im Informatik-Gebäude herumtreibt, sollte die Augen nach dem Logo des Computermuseums offen halten und dem Ausstellungsraum einen Besuch abstatten! Hinsichtlich der Tatsache, dass Computer zum einem Gebrauchsgegenstand geworden sind, der aus unserem alltäglichen Leben, der Arbeitswelt und der Wissenschaft nicht mehr wegzudenken ist, sollten wir uns mehr damit beschäftigen, wo die Wurzeln unserer technischen Zivilisation liegen und welche Entwicklungsschritte auf dem Weg dorthin durchlaufen wurden. Nicht nur für Fans der Computergeschichte und Informatiker*innen, sondern für Interessierte und Technikbegeisterte aller Art bietet das Museum interessante Ausstellungsobjekte, die durch die Führungen, Geschichten und Anekdoten lebhaft untermalt werden.

Anietta

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Alle Eingabefelder, die mit einem Stern (*) versehen sind, sind Pflichtfelder.


Zum Seitenanfang