Arbeiten als HiWi: Mehr als nur eine Verdienstmöglichkeit

Während des Studiums verbringt man seinen Alltag häufig im latenten Zeitmangel, so dass die meisten Studierenden nicht einmal über eine Nebentätigkeit nachdenken.

Ich habe während meines Studiums recht früh als Hiwi am Institut für Maschinenelemente (IMA) angefangen und habe in über 2,5 Jahren viele gute Erfahrungen gesammelt. Neben der Möglichkeit während des Studiums Geld zu verdienen, fand ich es von Anfang an wichtig sowohl meine theoretischen als auch praktischen Fähigkeiten auszubauen.

Neben diesen persönlichen Leitmotiven kann es auch für den späteren Bewerbungsverlauf eine Rolle spielen. Vielen Firmen ist neben der fachlichen Qualifikation auch das "außeruniversitäre" Engagement wichtig. Auch wenn viele Ingenieure gesucht werden, besteht trotzdem außerordentliche Konkurrenz unter den Bewerbern. Die Ingenieurswissenschaften sind zwar ein recht theoretisches Fachgebiet, erfordern aber inzwischen interdisziplinäre Leistungen, die sich in der technischen Umsetzung und in zwischenmenschlichen Kompetenzen wiederspiegeln. Auf die Hoffnungen sich allein durch gute Noten ein Alleinstellungsmerkmal erarbeitet zu haben, sollte man sich vielleicht nicht verlassen. Bei der Arbeit am Lehrstuhl wird man schon als Hiwi in den gesamten Arbeitsprozess eingebunden und findet das fachliche Arbeitsumfeld welches man später auch im Job vorfindet.

Wer sucht der findet – oder doch nicht?

Die Suche nach einer geeigneten Stelle kann schwierig und zeitaufwändig sein. Obwohl in vielen Instituten Aushänge zu finden sind, solltest du es in Erwägung ziehen, direkt einzelne Institutsmitarbeiter zu fragen. Daher solltest du dir vielleicht vorher überlegen, welcher Arbeitsbereich dir Spaß machen würde oder ob du vielleicht jemanden dort kennst, z.B. aus Übungsgruppen aus vorangegangenen Semestern. Um jedoch aus der Stellensuche keine semesterfüllende Aufgabe zu machen, kannst du auch direkt über das Stellenwerk der Uni suchen.

Arbeitsalltag und die Möglichkeiten

Der Aufgabenbereich ist von Stelle zu Stelle sehr unterschiedlich. Ich arbeite hauptsächlich im Bereich Konstruktion, Versuchs- und Prüfstandsbetreuung. Neben den Arbeiten die man als Hiwi zur Unterstützung seines Betreuers erledigt, kommen regelmäßig Industrieaufträge und Langzeitversuche für unterschiedliche Anforderungsbereiche dazu. Dies setzt die Konstruktion bzw. das Rüsten der vorhandenen Prüfstände voraus und zudem eine saubere Dokumentation. Hier findet man dann auch das erste Mal reale Konstruktionsbedingungen, die eine Zusammenarbeit mit mehreren Arbeitsbereichen voraussetzt. Man wird in den gesamten Planungs- und Fertigungsprozess eingebunden, auch wenn die aufwendigeren Bauteile großteils in der zentralen Werkstatt des Instituts gefertigt werden. Sollte man hier mal auf Probleme stoßen oder Fragen zu einzelnen Arbeitsvorgängen haben, kann man sich stets auf die Hilfe von anderen Hiwis oder auf die Doktoranden verlassen. Für weitere fachspezifische Informationsquellen oder auch zur Recherchezwecken steht die Institutsbibliothek zur freien Verfügung.

Neben den (außer)universitären Arbeitsmöglichkeiten genießt man den Vorteil frühzeitig Angebote für Studien-/ Projektarbeiten oder auch für Bachelor- und Masterthesen zu bekommen.

Meiner Erfahrung nach kann die Arbeit gelegentlich viel Zeit in Anspruch nehmen. Der Umfang der Arbeitsstunden setzt sich jedoch primär aus der Anforderung deines Betreuers bzw. deiner Bereitschaft und deinen zeitlichen Möglichkeiten zusammen. Diese variieren natürlich stark über das Semester – vor allem während der Prüfungsphase, wenn die Zeit ohnehin schon sehr begrenzt ist. Das wissen die Institute und die Betreuer natürlich auch, letztendlich weil sie auch mal Studenten waren.

Die 10 Euro/ Stunde ist nicht gerade überdurchschnittlich und bringen dich der Anschaffung des ersehnten Porsches nach Studiumsende vielleicht nicht sehr viel näher. Trotzdem sollte man überlegen, ob einem eine Anstellung am Lehrstuhl persönlich, fachlich und für den späteren Berufsweg mehr bringt, als an der Kasse des nächsten Supermarktes.

Von der Theorie in die Praxis

Ein häufiges Argument ist, dass einige Studierenden Zweifel haben, ob ihre Kenntnisse ausreichen oder ob eine vorangegangene Ausbildung vorteilhaft wäre. Natürlich ist es für beide Seiten praktisch, wenn man schon vorher Erfahrungen gesammelt hat. Das ist jedoch keinesfalls Grundvoraussetzung und das sollte dich nicht entmutigen. Jede Stelle ist ganz individuell vom Arbeitsbereich und Institut abhängig.  Wenn dein Betreuer sieht, dass du motiviert und lernbereit bist, bekommst du jede Menge Unterstützung.

Auch wenn Dozenten und Professoren gerne und fortlaufend (und zu recht?) wiederholen wie hoch die Anforderungen im ingenieurwissenschaftlichen Bereich sind, werden keine übermenschlichen Fähigkeiten vorausgesetzt, noch verlangt jemand, dass du alles weißt. Also keine Sorge, du wirst nicht über den vergangenen Prüfungsstoff ausgefragt oder in einen Raum gesperrt, um dort in völliger Isolation zu arbeiten.

Und wenn es doch mal etwas schief läuft?

Ja, auch das kommt vor - leider. Aber das ist kein Grund um in eine tiefe Depression zu verfallen oder die vorzeitige Kündigung zu befürchten. Während einer Versuchsreihe habe ich bei der Demontage am Prüfstand versehentlich einem Prototyp beschädigt und somit für weitere Versuche unbrauchbar gemacht – was somit denkbar ungünstig war. Jedoch merkt man in so einem Fall sehr schnell, dass alle Beteiligen lösungsorientiert arbeiten und nicht ewig über das Problem lamentieren wollen. Somit ergab es sich, dass die Ansprechpartner für einen Termin vorbeikamen und sich anschauen wollten wie es dazu gekommen ist, um dies in der Zukunft vermeiden zu können.

Zusammenfassend kann ich das Arbeiten am Lehrstuhl uneingeschränkt empfehlen. Anders wäre es wohl sonst nicht zu erklären, dass ich mich nach über 2 Jahren noch immer dafür begeistern kann. Wie schon erwähnt, ist der Aufgabenbereich der Hiwi-Tätigkeit natürlich sehr stark vom Institut, deiner Motivation und deinem Betreuer abhängig. Jedoch muss ich sagen, dass die Möglichkeiten und die Angebote wirklich hervorragend sind. Letztendlich bekam ich über das Institut meine Bachelorarbeit angeboten und konnte darüber hinaus Kontakt zur Industrie knüpfe

Zum Schluss noch ein allgemeiner Hinweis:

Ich arbeite natürlich nur an einem Institut und kann auch nur diese Erfahrungen teilen. Ich möchte gegenteilige Erfahrungen nicht ausschließen und ich glaube, dass es auch ganz anders sein kann. Umso mehr möchte ich Studierende mit schlechten Erfahrungen ermutigen, sich in dem Fall eine neue Stelle zu suchen.

Auch wenn sich dieser Artikel wie eine Lobpreisung auf eine Anstellung am Lehrstuhl anhört, resultiert er nur aus meinen positiven Erfahrungen. Ich will damit keinesfalls andere Beschäftigungsverhältnisse oder Nebenjobs kritisieren oder als schlechter darstellen. Dein Studiengang, deine persönlichen Verhältnisse und Freizeitbeschäftigungen lassen möglicherweise auch keinen Nebenjob an der Uni zu :)

 

Stefan

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